Wahlprüfsteinaktion 2025

7. August 2025 Wahlprüfsteine
Inklusion sichtbar machen: Parteien in Bielefeld nehmen Stellung

Im Vorfeld der Kommunalwahl 2025 haben die Bielefelder Familien für Inklusion Wahlprüfsteine an alle relevanten politischen Parteien und Wählergemeinschaften in Bielefeld versendet. Ziel war es, konkrete Aussagen zur inklusiven Bildung, Betreuung, Teilhabe, Pflege und zum Wohnen von Menschen mit Behinderung in Bielefeld zu erhalten – denn auch 16 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention sind zentrale Herausforderungen in der Stadt ungelöst.

Wer wurde angeschrieben?

Angeschrieben wurden alle im Stadtrat vertretenen Parteien sowie weitere zur Wahl stehende Wählergruppen: SPD, CDU, GRÜNE, DIE LINKE, FDP, Bürgernähe, Die PARTEI und Lokaldemokratie in Bielefeld.

Wer hat geantwortet?

Bis zum Stichtag haben folgende Parteien/Wählergruppen geantwortet. Der Link führt zu den Antworten der jeweiligen Partei (PDF):

Keine Antwort erhielten wir von: Die PARTEI.


Vergleich der Parteipositionen: Wo gibt es Übereinstimmung – und wo nicht?

1. Betreuung und Beruf

Alle antwortenden Parteien unterstützen den Rechtsanspruch auf inklusive Ganztagsbetreuung ab 2026.

  • SPD betont konkrete Gespräche mit Schulen und Trägern sowie die finanzielle Verantwortung von Land und Kommune.
  • GRÜNE, CDU, DIE LINKE, FDP und Bürgernähe fordern ebenfalls mehr Betreuungsangebote, mit unterschiedlichen Schwerpunkten: etwa Ausbau der Ferienbetreuung (GRÜNE, CDU), niedrigere Kosten (CDU, SPD), oder mehr Flexibilität durch Träger (FDP, Bürgernähe).
  • Lokaldemokratie weist auf die begrenzte kommunale Zuständigkeit hin, will aber den politischen Druck erhöhen.
  • Die Lobbyisten für Kinder bringen zusätzliche Ideen ein: Sie schlagen niedrigschwellige Vermittlungsplattformen vor, um Freizeitbegleitung oder Ferienbetreuung besser zu organisieren, und fordern auch Fahrdienste für Kinder mit Behinderung, um echte Wahlfreiheit zu ermöglichen.

2. Schulplätze & Schulwahl

Alle Parteien erkennen den Mangel an Förderschulplätzen an.

  • SPD und CDU haben bereits Beschlüsse bzw. Forderungen für neue Förderschulen eingebracht .
  • GRÜNE lehnen eine Förderschule am Seidensticker-Gelände ab und setzen auf ein inklusives Gymnasium.
  • DIE LINKE bevorzugt langfristig ein gemeinsames inklusives Schulsystem, erkennt aber den aktuellen Mangel an Förderschulen an.
  • FDP möchte eher freie Träger einbinden.
  • Bürgernähe zeigt sich offen für Campuslösungen, die Förderschulen und Regelschulen zusammenbringen.
  • Lokaldemokratie betont die Notwendigkeit, Förderprogramme besser zu nutzen.
  • Auch die Lobbyisten für Kinder stellen den Elternwillen in den Mittelpunkt: Schulen sollen dort ausgebaut werden, wo Familien es wünschen – ein klarer Appell für Wahlfreiheit statt zentraler Vorgaben.

3. Teilhabe nach der Schulzeit

Alle Parteien wollen inklusive Freizeit- und Übergangsangebote verbessern.

  • SPD setzt auf Sportförderung, barrierefreie Begegnungsräume und Kooperationen mit Vereinen.
  • GRÜNE und CDU schlagen konkrete Projekte vor wie Sport im Park, inklusive Stadtteilfeste und Übergangsmodelle in den Arbeitsmarkt.
  • FDP und Bürgernähe wollen bestehende Angebote inklusiver ausgestalten.
  • DIE LINKE bekennt sich solidarisch, bleibt aber allgemein.
  • Lokaldemokratie will Vernetzung und Koordination stärken.
  • Die Lobbyisten für Kinder gehen noch einen Schritt weiter: Sie fordern ehrenamtliche Patenschaften, etwa durch prominente Sportlerinnen und Sportler, und schlagen vor, eine Vermittlungsplattform für inklusive Freizeitangebote einzurichten.

4. Pflege, Wohnen und Unterstützung

Alle Parteien betonen die Bedeutung barrierefreien und bezahlbaren Wohnens.

  • SPD verweist auf die erhöhte Quote für sozialen Wohnungsbau und die Weiterentwicklung des „Bielefelder Modells“.
  • CDU will die BGW und barrierefreie Umbaumaßnahmen stärken.
  • GRÜNE setzen auf neue Wohnformen und Umbau bestehenden Wohnraums.
  • FDP will verbindliche Quoten im geförderten Wohnungsbau sichern.
  • Bürgernähe kritisiert den Abbau von Nachtwachen.
  • Lokaldemokratie sieht den LWL in der Hauptverantwortung, will aber lokale Initiativen unterstützen.
  • Die Lobbyisten für Kinder machen deutlich: Wohnraum und Unterstützung müssen immer auch die Perspektive der Familien berücksichtigen. Sie verlangen, dass Pflege und Assistenzleistungen flexibler gestaltet werden, damit Kinder und Jugendliche nicht aus dem sozialen Umfeld herausgerissen werden.

Bei der Kurzzeitpflege fällt die SPD auf: Sie sieht aktuell keinen Bedarf für mehr Plätze, will aber Bedarfe laufend prüfen. Alle anderen Parteien fordern einen Ausbau.


Fazit: Viel Zustimmung, aber Unterschiede in Verantwortungszuweisungen und Prioritäten

Die Antworten zeigen: Inklusion ist bei allen Parteien auf der Agenda. Unterschiede gibt es vor allem in der Frage, wer Verantwortung trägt – Kommune, Land, freie Träger oder Initiativen und wie konkret Maßnahmen geplant sind.

  • SPD, CDU und GRÜNE liefern detaillierte Konzepte.
  • FDP, Bürgernähe und Lokaldemokratie setzen stärker auf Flexibilität und Kooperation.
  • DIE LINKE bleibt oft allgemeiner, betont aber Solidarität.
  • Die Lobbyisten für Kinder bringen mit eigenen Vorschlägen wie Vermittlungsplattformen, Patenschaften und flexiblen Hilfen eine sehr praxisnahe Perspektive ein.

Dass nun alle großen Parteien geantwortet haben – und dass sich sogar eine Wählergemeinschaft von selbst gemeldet hat – zeigt, dass Inklusion im Wahlkampf 2025 ein zentrales Thema ist.

(überarbeitet und ergänzt am 8.9.2025)

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